(020) Mythologem: autonomer Kulturraum (ante rem). Welch ein Mißverständnis in der FAZ vom 22/08/2012. “Die aber war ein reines Fantasieprodukt”, meint Herr Tilmann Krause. Verneinung der geisteswissenschaftlichen Tatsachen. Psychoanalytisches Vokabular zur Auseinandersetzung mit dem “Hyperion” von Hölderlin im Zusammenhang mit einer Buchveröffentlichung von Martin Walser!? Was hat das Griechenland nach der christlichen Zerstörung des altgriechischen und hellenistischen Kulturerbes noch mit der griechischen Klassik zu tun? Europa kann nur genesen durch eine Kulturrevolution, die Goethe mit Zeitgenossen vorbereitet und andere nach ihm weiter entwickelt haben. Die individuelle Erarbeitung des altgriechischen Anliegens, die freiheitlich – demokratische Grundordnung als absolut zu setzen zur Schaffung eines autonomen Kulturraumes für die ganzheitliche Entfaltung der Persönlichkeit, kann unmöglich ohne Widerspruch relativiert und als unnütz dargestellt bleiben.
Was wäre, wenn die geistige Entwicklung seit dem furchtbaren Mord mit offenbarungsreligiösem Hintergrund durch eine aufgehetzte Meute an der Philosophin und Vorsteherin der größten Bilbliothek der Welt Hypatia in Alexandria ein einziger häretischer Irrweg gewesen ist. ¶ Aus radikalpatriarchalischer Sicht stellte sie eine offenkundige blasphemische Tatsache dar, ein absolutes, öffentliches Ärgernis. Sie war weiblich, auffallend intelligent, charakterstark, umwerfend schön, politisch hoch anerkannt, selbstdenkende Heidin mit vielen wissenschaftlichen Auszeichnungen und Autorin vieler wissenschaftlicher Werke. Mit ihr und der folgenden zerstörung des Museions begann der christlich verursachte Kulturverfall. Bis heute ist der christlich verursachte Rückschritt in der Entwicklung der Menschheit nicht wieder aufgeholt, ja es besteht die Gefahr eines erneuten Abgleitens in Zustände, wo die rohe Gewalt und das nackte Überleben die Tagesordnung bestimmen. ¶ Müßten wir dann nicht genau dort wieder beginnen, wo die geisteswissenschaftliche Evolution durch Extremisten abgebrochen wurde. Schließlich liegt die Steinzeit gerade einmal 5000 Jahre hinter uns und wir haben noch viele Millionen vor uns.